Der Beobachter: Hugo Franck

Am 5. Dezember 1847 verlor Hugo Franck unerwartet seine Mutter. Er war bei ihr, als sie starb. Sie war 38 Jahre alt. Hugo war sieben. Er lebte von da an allein mit seinem Vater Hermann. Hermann Franck war der Sohn eines erfolgreichen Bankiers. Er hatte viel Geld geerbt. Dadurch musste er kaum arbeiten und hatte viel Zeit, sich um seinen Sohn Hugo zu kümmern. Die beiden verbrachten viel Zeit miteinander. Am Tag nach der Beerdigung seiner Frau begann Hermann heimlich, für Hugo ein Tagebuch zu führen. Über viele Jahre schrieb der Vater alles auf, was die beiden gemeinsam erlebten.

Hermann und Hugo Franck wohnten am Leipziger Platz in Berlin. Als am 18. März 1848 die Revolution ausbrach, erlebten sie das hautnah mit. Sie waren auf dem Schlossplatz, wo viele Menschen die neusten Entscheidungen des Königs feierten. Hier hörte Hugo Wörter, die er noch nie zuvor gehört hatte. „Pressefreiheit“ zum Beispiel. Als immer mehr Soldaten auf den Platz kamen, nahm Hermann Franck seinen Sohn an die Hand und machte sich mit ihm auf den Weg nach Hause. Dadurch erlebten die beiden nicht, wie auf dem Schlossplatz geschossen wurde. Auf dem Nachhauseweg hörten sie aber bald davon. Mittlerweile waren in der ganzen Stadt besorgte Menschen auf den Straßen. In der Nacht konnte Hugo nicht schlafen. Die Schüsse und das Kanonenfeuer in der Stadt hielten ihn wach.

Obwohl viele andere wohlhabende Familien die Stadt in den nächsten Wochen verließen, um sich in Sicherheit zu bringen, blieben Hugo und Hermann Franck in Berlin. Hugo fragte seinen Vater sehr viel. Er wollte verstehen, was auf den Straßen vor sich ging und warum die Menschen kämpften. Gleichzeitig hoffte er, dass die Konflikte bald beendet sein würden. Er mochte die Unruhe nicht. Hugo überlegte, eine „Knabengarde“ zu gründen und mit anderen Jungen auf den Straßen für Ordnung zu sorgen. Zumindest unter den Kindern. Wenn sein Vater allein die Wohnung verließ, musste er Hugo versprechen, dass er sich nicht erschießen lassen würde. So bestimmte die Revolution Hugos Leben für viele Monate. Er hörte zu, wenn sein Vater sich unterhielt, und bildete sich immer wieder neue politische Meinungen. Dass er selbst ein Urenkel des preußischen Königs war, hat er wahrscheinlich nie erfahren.

1855 zogen Hugo und sein Vater nach England. Hugo sollte dort seinen Traumberuf erlernen: Er wollte Seemann werden. Aber dazu kam es nicht. Am 2. November starben Vater und Sohn auf ungeklärte Weise in einem Hotel in Brighton. Hugo wurde nur 15 Jahre alt.