Der Verwalter der Revolution: Lorenz Brentano

Lorenz Brentano kam am 4. November 1813 in Mannheim zur Welt. Er stammte aus einer europäischen Großfamilie, deren Wurzeln im lombardischen Adel lag. Als Abgeordneter der Badischen Ständekammer in den 1840er Jahren setzte er sich für demokratische Grundrechte und die politische Mitbestimmung des Volkes ein.

Durch die Verteidigung der Revolutionäre Gustav Struve und Karl Blind wurde Brentano zum Star der Revolution. Er wurde in die Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche gewählt und stand an der Spitze des Landesausschusses der demokratischen Volksvereine in Baden. Zusammen mit seinem Stellvertreter Amand Goegg baute Lorenz Brentano das Netz der demokratischen Vereine und damit den Einfluss der Demokraten in Baden aus. Seiner Arbeit war es zu verdanken, dass die Mairevolution von 1849 Erfolge erzielen konnte und den Badischen Großherzog zur Flucht zwang. Am 14. Mai 1849 verkündete Lorenz Brentano vom Balkon des Karlsruher Rathauses die Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den Landesausschuss der Volksvereine.

Als Vorsitzender der provisorischen Regierung war Lorenz Brentano mit einer Vielzahl von schwierigen Aufgaben konfrontiert. Er musste die neu errungenen demokratischen Freiheitsrechte gegenüber der drohenden Invasion preußisch dominierter Reichstruppen verteidigen. Seine Versuche einer ausgleichenden Politik konnten den Einmarsch der Interventionstruppen, gegen deren Übermacht die badisch-pfälzische Revolutionsarmee trotz tapferer Gegenwehr keine Chance hatte, nicht verhindern. Dabei war es gerade sein Pragmatismus, mit dem Lorenz auch immer wieder den Unmut anderer Revolutionsfreunde auf sich zog. Der Revolutionschronist Veit Valentin schrieb, dass Brentano im Vergleich zu Hecker und Struve „kein revolutionärer Querkopf“ war, sondern sich durch seinen „praktischen Instinkt“ auszeichnete. Sein Pragmatismus war vor allem Personen wie Karl Marx ein Dorn im Auge. Für Marx arbeitete Lorenz Brentano daran, „die Bewegung in das spießbügerliche Bett einzudämmen“.

Als seine Regierung scheiterte, floh Brentano zusammen mit anderen Revolutionär:innen in die Schweiz. Damit entging er den badisch-preußischen Standgerichten. Er emigrierte in die USA, wo er als Zeitungsherausgeber, zeitweise als Farmer und überwiegend als Journalist tätig war, bevor er in Chicago eine zweite politische Karriere startete. Wie viele andere in die USA geflohene Revolutionsteilnehmer:innen von 1849/49 schloss sich Lorenz Brentano der neu gegründeten Republikanischen Partei an. Da die Republikaner damals die liberalere der beiden großen amerikanischen Parteien waren und für die Abschaffung der Sklaverei eintraten, war dies für ihn ein konsequenter Schritt. Die Werte der Partei standen im Einklang mit seinen freiheitlichen Grundüberzeugungen, die er aus der alten Heimat mitgebracht hatte. Sein politisches Talent zahlte sich jetzt in einem Umfeld der freien Meinungsäußerung aus. Über die Zwischenstationen als Abgeordneter des Staatsparlamentes von Illinois und als Konsul der Vereinigten Staaten in Dresden, schaffte er es 1877 als republikanischer Abgeordneter ins US-Repräsentantenhaus.

Lorenz Brentano starb als hochgeachteter amerikanischer Staatsbürger. In seiner badischen Heimat geriet er in Vergessenheit. In seiner Geburtsstadt Mannheim ist im Stadtteil Neckarau eine Straße nach ihm benannt.