Germanisches Nationalmuseum

Das wohl berühmteste Objekt mit 1848-Bezug ist die von Philipp Veit (1793-1873) gemalte und ursprünglich in der Paulskirche für die Nationalversammlung ausgestellte Germania.

Im 19. Jahrhundert wurde die Figur der Germania zum Symbol der Demokratiebewegung in den deutschen Staaten. Sie verkörperte zudem die romantische Vorstellung eines deutschen Nationalstaates. Ihre Darstellung wandelte sich im Verlauf des Jahrhunderts immer wieder. Veits Version der Germania reflektierte die politischen Forderungen der Revolutionär:innen. Sie trägt statt eines Schildes eine schwarz-rot-goldene Fahne in ihrer linken Hand. In der Rechten hält sie ein Schwert. Zu ihren Füßen liegen zersprengte Fesseln, welche für das Ende feudaler Herrschaft seit 1848 stehen. Veits Gemälde reflektiert damit auch eine fortschrittliche Sichtweise auf ein sich wandelndes Frauenbild. Obwohl mit traditionell weiblichen langen blonden Haaren abgebildet, ist die gemalte Germania nicht mehr passiv. Sie tritt selbstbewusst auf und löst sich von ihrer zuvor zugewiesenen Rolle der „Braut“, die auf ihren männlichen Erlöser wartet. Mit ihrem Auftreten reflektiert sie das Aktivwerden in der Revolutionszeit.

Ganz löst sich Veit jedoch nicht von der Aristokratie. So vermuten Wissenschaftler:innen, dass der Krönungsmantel über ihren Schultern offenbart, wie der Maler auch Anhänger einer Kaiserreichsidee war. Heute befinden sich Kopien der Germania aus der Paulskirche in der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte in Rastatt und im Haus der Geschichte in Bonn.

Ob die Germania mit ihrer Darstellung noch unserer gesellschaftlichen Gegenwart entspricht, kann offen zur Diskussion gestellt werden. Statt das Gemälde in die Paulskirche zurückzubringen, lobte die Stadt Frankfurt am Main einen Preis zur Ausgestaltung eines neuen Gemäldes aus. Der Maler Johannes Grützke (1937-2017) gewann 1987 den Preis und konnte sich gegen namhafte Kokurrent:innen wie Jörg Immendorff (1945-2007) und A. R. Penck (1939-2017) durchsetzen. In seiner neuen Fassung nahm Grützke jedoch nicht eine veränderte deutsche Gesellschaft in den Blick. Er wollte mit seinem Beitrag die lange Zeit als gescheitert angesehenen Revolutionär:innen von 1848/1849 in einem neuen Licht erscheinen lassen. „Der Zug der Volksvertreter“ will sie zu Helden einer gescheiterten Demokratiebewegung machen, ohne dabei in Pathos und Heroismus zu verfallen.